Montag, 13. April 2009

Weglosigkeit

"Es ist möglich, sogar wahrscheinlich, daß wir in dieser irdischen Lebensgestalt, des eignen Seins und Hierseins gewahr, zum Denken begabt und der Liebe fähig, nicht mehr und nie wieder mehr sein werden. Schon deshalb lohnt es sich, zu leben, die Wege des Lebens voll auszugehn. Denn das Leben selbst, das natürliche, aus dem wir entstanden sind, wie das geistige, das in uns hinein- und aus uns zurückstrahlt, kann nicht mit uns vergehn. Es war vor uns, wird nach uns sein; doch nur dieses eine Mal, für diese bestimmte Spanne, dürfen wir es als "das menschliche Leben" erfahren und daran mitwirken. Darin liegt unser Geschick und unser Auftrag, den die Gabe des Bewußtseins zu einer tragischen Sendung macht. Die Gabe der Phantasie befähigt uns, dieser Tragik produktiv zu begegnen, kämpfend, gestaltend, deutend, und noch im Unterliegen unsres Schicksals Meister zu sein. Aber die Fähigkeit, der Liebe bewußt zu werden, unterscheidet uns von jedem anderen uns bekannten Geschöpf. In dieser Fähigkeit, und im Bewußtsein der Produktivität, liegt unser einziger Zugang zu dem, was wir als Glück bezeichnen. In unsrem unstillbaren Drang jedoch, das Leben zu vollziehn, indem wir es erfahren, liegt, jenseits von Glückoder Leiden, die mächtigste, lebenerhaltende Kraft."

Aus: Carl Zuckmayer, Die langen Wege.

Sonntag, 12. April 2009

EGO

Ein entscheidender Fehler und Grund für das Fehlen des großen Erfolgs im Leben ist, daß man sich selber nicht so wichtig nimmt. - "Ich bin ein Sandkorn in der Sahara auf dem Planeten Erde im System Sonne des Universums."

Mit so einer Einstellung macht man natürlich keinen Stich, nicht im Beruf und schon gar nicht im Bereich der Kunst oder der Medien. Dort ist das gesteigerte Selbstbewußtsein sogar die unbedingte Voraussetzung, der unstillbare Mitteilungsdrang in Richtung Mitwelt die unverzichtbare Triebfeder.

Unverzichtbar sind freilich auch gute Freunde (auf Gegenseitigkeit) sowie die Zugehörigkeit zu irgendeiner Clique, sei sie artistischer, ethnischer oder sonstwelcher Art. Nur Genie allein hat sich kaum einmal durchgesetzt, die Leute merken es einfach nicht, wenn sie nicht von bereits bekannten Promis darauf hingewiesen werden, dass sich hier Großartiges tut.

Parsifal-09




Gestern also mein persönliches, alljährliches Parsi-festi-fal. Eine solide Aufführung unter Peter Schneider, sängerisch eigentlich besser als voriges Jahr unter Thielemann. Und doch: Da war noch etwas anderes, das die damalige Aufführung (die 2. und letzte) so einmalig machte. Ich glaube, es lag auch daran, daß Th. die Musiker, diese abgebrühten Herren, zu begeistern vermag wie kaum ein anderer - möglicherweise C. Kleiber anno dazumal.

Vielleicht hilft ein Beispiel:
Gegen Ende des 2. Aktes gibt es einige Violinsoli ("Diese Stimme") - Fr. Danielova hat diese mustergültig gespielt, voriges Jahr hat es Rainer Küchl wie einen Wahnsinns-Drahtseil-Akt hingelegt; in der ganzen Aufführung herrschte "erhöhte Temperatur" und zum Schluss war man erschlagen wie nach einem Fieberanfall. Thielemann umarmte damals nach dem letzten Takt den verdutzten Konzertmeister im Orchesterraum....
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Und natürlich wieder die ganz abscheuliche Mielitz-Regie, vor allem aber das Bühnenbild, für das der Ausstatter wohl einen Restposten sonst unabsetzbarer Tapeten beim Textil-Müller in Kritzendorf erworben hat.
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Übrigens wurde F. Struckmann durch T. Konieczny ersetzt, der sich wacker schlug.

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Antwort auf eine Kritik in der WZ:
Aus gezielter Häßlichkeit werden bei Ihrem Kritiker „logische, moderat entstaubte Bilder“, aus billig-poppigen Lichteffekten eine „Atmosphäre durch einfache, aber effektive Lichtregie“.
Immer deutlicher wird, dass wir das moderne Regietheater den Kritikern zu verdanken haben. Wenn ich daran denke, dass diese Herren auch noch gratis auf den besten Plätzen sitzen, während wir, das dumme, zu belehrende Publikum, schwer dafür bezahlen dürfen, dass man uns romantische Oper ohne Romantik „vor den Latz knalllt“.

Samstag, 11. April 2009

Hauptsache PC

".... Ich meinerseits stand verständnislos vor dem Phänomen jener Pädagogen und Philosophen, die große Theorien über das Zusammenleben entwickelten, sich auch noch dem Thema des Friedens zuwendeten und in der näheren und weiteren Umgebung, in vielen Ländern der Welt Bösewichter und Unruhestifter ausmachten und anprangerten, die aber dort, wo sie selbst lebten und zu bestimmen hatten, nichts als Unfrieden hinterließen, weil sie sich zu keiner Spur von Treue bereit finden wollten, wodurch sie sich in ihrer »Selbstverwirklichung« eingeschränkt empfunden hätten. Wirklich verwirklicht haben sie aber nur das Unheil jener, die das Unglück hatten, ihnen zu begegnen und zu vertrauen."

Aus: Alois Brandstetter, Die Burg.


Ich möchte auch noch hinzufügen: "jener....Philosophen, Soziologen, Journalisten, die....".
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Öffentliche ("politische") Korrektheit ist der beliebteste Persilschein für private Schweinerei - oder wie ich es anderer Stelle ausdrückte, das Navi für Leute, denen es zu mühsam ist, die Karten der Moral zu lesen.

Siehe auch:
Geachtet werden Menschen nur, Die sauber halten Haus und Flur, Denn Glanz und Ordnung müssen sein, Auch wenn man privatim ein Schwein.
aus:http://kumpfus.blogspot.co.at/search?updated-min=2008-01-01T00:00:00%2B01:00&updated-max=2009-01-01T00:00:00%2B01:00&max-results=27