Dienstag, 29. Juni 2010

Zores auf Vorschuß

"Es ist höchst einfältig, die Widrigkeiten des menschlichen Lebens durch Vorwegnahme zu verlängern, wie es jeder tut. Ich will lieber weniger lange alt sein als alt sein, ehe ich es bin."
Montaigne III/5
Oder wie die Juden sagen" Man soll nicht nehmen Zores auf Vorschuß"

Freitag, 25. Juni 2010

Leere

Wenn Kulissen, Prospekte und Sofitten weggeräumt sind, bleibt die leere Bühne übrig.
Wem  alle Illusionen abhanden gekommen sind, in dem bleibt die große Leere übrig.
Aber die Leere ist nur in der Vorstellung gleichbedeutend mit dem Nichts.
So wie im Theater bleibt immer noch die Feuermauer, auf die man notfalls projizieren kann, auch wenn sie schmutzig ist.
Und dahinter und rundherum  ist alles Wirklichkeit.

Ohnehin "...ist alles Schimäre, aber mi unterhalt's" (J.Nestroy)

Im Übrigen sind es sowieso lauter Hirn-, Leber- oder Zwerchfell-Gespinste.

Was für ein Theater!

Mittwoch, 23. Juni 2010

Dichterweisheit

Sokrates:
"Von ihren Gedichten also diejenigen vornehmend, welche sie am vorzüglichsten schienen ausgearbeitet zu haben, fragte ich aus, was sie wohl damit meinten, auf daß ich auch zugleich etwas lernte von ihnen. Schämen muß ich mich nun freilich, ihr Männer, euch die Wahrheit zu sagen: Dennoch soll sie gesagt werden:Um es nämlich geradeheraus zu sagen, fast sprachen alle Anwesenden besser als sie selbst über das, was sie gedichtet hatten. Ich erfuhr  also auch von den Dichtern in kurzem dieses, daß sie nicht durch Weisheit dichteten, was sie dichten, sondern durch eine Naturgabe und in der Begeisterung, eben wie die Wahrsager und Orakelsänger. Denn auch diese sagen viel Schönes, wissen aber nichts von dem, was sie sagen; ebenso nun ward mir deutlich, erging es auch den Dichtern. Und zugleich merkte ich, daß sie glaubten, um ihrer Dichtung willen auch in allem übrigen sehr weise Männer zu sein, worin sie es nicht waren. Fort ging ich also auch von ihnen mit dem Glauben, sie um das nämliche zu übertreffen wie auch die Staatsmänner."
(«Apologie» 21 e-22 c / 1, 13.)

Freitag, 18. Juni 2010

Mißbildungen

Sokrates: "Wie lächerlich! Wenn Du einem begegnest, der eine schlechtere Körperbildung hat als du, würdest du nicht böse sein; weil du nun aber einen getroffen hast, der weniger Lebensart hat als du, willst du dich ereifern!"

Überliefert von Xenophon.

Danach ist schlechtes Benehmen auch eine Art Behinderung und hat Anrecht auf Mitleid.

Donnerstag, 17. Juni 2010

Israel-Maßstab

„Israel wird mit zweierlei Maß gemessen … An Israel werden Ansprüche gestellt wie an kein zweites Land auf der Welt“
...sprach Danielle Spera im WZ-Interview d. W.

Ein klassischer und krasser Fall von Eigenbild-Fremdbild-Diskrepanz, wie mir scheint.

Die "Welt" hat nämlich eher den Eindruck, daß Israel sich selbst ausschließlich mit eigenem Maßstab misst, indem es glaubt, sich wegen der Shoa bis in alle Ewigkeit alles erlauben zu können.

Frankreich-Urlaub 2010 (Nachtrag)


Nachzutragen wäre ein Kurzbericht über unseren heurigen Frankreich-Urlaub in Lyon, Bourges (ZwiSt.) und Saumur (Loire) - wie immer mit dem Wohnwagen & 4 eingelegten heftigen Eisenbahntagen:
  • Marseille (TGV;TER)
  • Le Croisic; St. Nazaire
  • Noirmoutier (SNCF-Car)
  • Tours-Bressuire
...wobei das Eisenbahnfahren als Liebhaberei in F. harte Logistik-Arbeit darstellt, gibt es doch keine "normalen" Fahrpläne, sondern nur "fiches horaires", welche zudem teilweise schwer zu erhalten und - weil teilweise nicht von den SNCF, sondern von den regionalen Autoritäten herausgegeben - auch nicht immer vollständig sind. Der Franzose selbst stellt sich deswegen mit Leidenschaft am Informationsschalter an und plauscht dann noch ausgiebig mit dem Personal; nun kann ich ja soviel Französisch (zumindest im Eisenbahnbereich), daß ich das auch könnte, aber die dafür nötige Geduld bringe ich nicht auf. Eine Alternative wäre die Planung via Internet, aber das ist mir im Ausland wegen der Kosten zu gefährlich.
Das Angebot im Regionalverkehr ist nicht übermäßig üppig und vor allem ziemlich eindeutig auf Zubringerdienste für den TGV ausgerichtet - und dieser ähnelt für die Passagiere schon sehr stark dem Flugverkehr: Ohne frühzeitige Reservierung geht meist gar nichts, Schlangestehen ist obligatorisch. Die Manager freut's.
In Lyon (wo dies nicht überraschend ist) und in Saumur hatten wir diesmal leider Campingplätze ausgesucht, die stark von holländischen und englischen Luxuscampern frequentiert waren (mobilhomes), sodaß wir uns mit dem französischen Lebensgefühl etwas schwertaten.
Noirmoutier en Île, plage des dames...

Buhorkan für Regie im neuen Wiener Tannhäuser

Was besseres als ein Buhorkan in einem Wiener Theater kann einem deutschen Regietheatermacher ja gar nicht passieren: Man muß bedenken, daß er sich ja nach einem echten Erfolg beim hiesigen Publikum dann in Deutschland nicht mehr blicken lassen könnte. Je näher dem Skandal, desto höher der Marktwert.
Und der gewiefte Musikttheaterdirektor Holender kalkuliert so: Diejenigen, die wegen der Musik kommen, kommen sowieso und jenen, die Oper nur  als Psycho-Rebus mit soundtrack oder als intellektuelle Herausforderung geniessen können, muß ja auch etwas geboten werden. Und für seine weiteren Tätigkeiten ist ein geneigtes internationales Feuilleton allemal weitaus nützlicher als ein dankbares Wiener Publikum.
---------------------
Regietheater, das ist, als ob man Alte Meister in einem Alu-Rahmen ausstellt - natürlich in einem Alu-Rahmen, der auf Platin-Optik gebürstet ist, damit die hohen Kosten gerechtfertigt sind.
---------------------
Ich brauche diese verquaste, pseudophilosphische Intellektelei zum „Verständnis“ von Wagner-Opern nicht. Ich gehe nicht aus philosophischen Gründen in die Oper, sondern primär wegen des akustischen und optischen Vergnügens; letzteres gibt es allerdings auch schon immer seltener. Wenn dabei mein Intellekt nicht beleidigt wird, bin ich's schon zufrieden. Ich werde auch diesmal wieder orchesternahe Plätze mit Sichtbehinderung buchen. In diesem konkreten Fall muß ich allerdings darauf achten, daß mir der vor dem Orchester professoral dozierende Franz Welser-Möst nicht die Stimmung ruiniert.
Stimmung? Oweh – jetzt habe ich mich in den Augen der neuen "Opernfreunde" endgültig disqualifiziert.