Dienstag, 27. April 2010

Lug und Trug

Fontane: (Brief an Mete"):
...

Mittwoch, 21. April 2010

Mißbrauch III

Heute ist Standard, daß man seine Kinder nicht schlägt und auch nicht seine Diener, wie das früher gang und gäbe war.
Es ist aber leider auch Standard, daß man die frühere Praxis verurteilt, ohne zu unterscheiden zwischen der überwundenen Praxis als solcher und den Leuten der damaligen Zeit, die sie ausgeübt haben im Bewußtsein, nichts Unrechtes zu tun.
Da die meisten Leute überhaupt kein historisches Verständnis haben, verurteilen sie auch die Menschen, die - den damaligen Umständen entsprechend - geohrfeigt und geprügelt haben.
Sie unterstellen damit den Vorfahren, daß sie schon damals hätten wissen müssen, daß prügeln nicht korrekt ist. Die gesetzliche Verjährungsfristen haben u. a. auch diesen Sinn, daß nicht mit heutigen Gesichtspunkten früheres Verhalten abgeurteilt wird. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um KAPITAL-Verbrechen!
Die ganze gegenwärtige Moral-Branche lebt davon, daß nicht(s) vergessen und verziehen wird!
Der Großteil der heutigen, ach so anständigen Menschen lebt ja in dem Bewußtsein, den höchsten Stand der Kultur und Korrektheit in der Geschichte der Menschheit erreicht zu haben. Das zeugt von ungeheurem Hochmut. Wir haben allenfalls den Gipfel des Pharisäertums erreicht.

Eugen Roth:
Ein Mensch betrachtet einst näher
die Fabel von dem Pharisäer,
der Gott gedankt voll Heuchelei
dafür, dass er kein Zöllner sei.
Gottlob! rief er in eitlem Sinn,
dass ich kein Pharisäer bin!
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Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner:
Er sagte aber zu etlichen, die sich selbst vermaßen, daß sie fromm wären, und verachteten die andern, ein solch Gleichnis: Sie erkennen die Gerechtigkeit nicht, die vor Gott gilt, und trachten, ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten, und sind also der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, nicht untertan.{Matthäus.5,6} 5,6Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, zu beten, einer ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. 11Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst also: Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner ... Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich habe. Ich aber sage euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr verzehntet die Minze, Dill und Kümmel, und laßt dahinten das Schwerste im Gesetz, nämlich das Gericht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Dies soll man tun und jenes nicht lassen. Und der Zöllner stand von ferne, wollte auch seine Augen nicht aufheben gen Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstet und zerschlagen Herz wirst du, Gott, nicht verachten.Ich sage euch: Dieser ging hinab gerechtfertigt in sein Haus vor jenem. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.
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Abgesehen davon: Es gab auch früher Menschen, die aus ihrer inneren Einstellung heraus nicht geprügelt haben, aber sie waren die Ausnahme. Meine Mutter z. B. hat nie die Hand gegen mich erhoben außer in einem Fall, wo sie im Nachhinein soviel Angst um mich ausgestanden hat, daß sie die Beherrschung verlor. Und es gab auch Erzieher im Internat, die niemals ohrfeigten.

Montag, 19. April 2010

Flugverbote...

Flugverbote wie auch Klima-Zukunfts-Horror-Szenarien basieren beide auf Rechenmodellen. Der Trick dabei ist, daß niemals der Wahrscheinlichkeitsgrad angegeben wird, mit dem ein Ereignis eintritt. Kaum ein Prognose-Modell liefert aber einen Wahrscheinlichkeitsgrad von Null Prozent , somit besteht natürlich immer die Möglichkeit des Eintreffens, was als Rechtfertigung für Zwangsmaßnahmen aller Art dient; jeder Kritiker kann mundtot gemacht werden, wenn es um Sicherheit und Gesundheit geht. Wir erleben jetzt einen Vorgeschmack dessen, wie uns Behörden und Institutionen in Zukunft durch den Reifen springen lassen werden.

Der Öko-Boden wird ja seit Jahren vorgeackert und geeggt, die grüne Saat ist ausgebracht - nun beginnt sie aufzugehen und wird den Mächtigen reiche Ernte bringen.
Die Ökologie wird vor den Karren der Ökonomie gespannt - siehe die angekündigte "Öko"-Steuer unseres Finanzministers...

Freitag, 16. April 2010

Werte?

Werte sind geil, besonders wenn Wert hoch und Preis klein. Ein typischer, aktueller Wertmaßstab ist z. B. die Diagonale beim Flachbildfernseher. Und der Slogan sollte wohl heissen: "Handeln schafft Werte" - oder?

Montag, 12. April 2010

Boheme-2010







Ordentliche Repertoire-Aufführung mit einem sehr guten Pjotr Beczala; ausdrucksmäßig reicht er natürlich nicht an R.Villazon heran, aber er singt sehr schön. Wohin das allzu starke Ausdrucks-Singen hinführt, wenn es nicht durch Intellekt gebändigt ist, sieht man ja an V.
Tamar Iveri als Mimi ebenfalls sehr passabel; Netrebko ist sicherlich erste Klasse, aber die ist nicht immer notwendig.
Ansonsten gilt, was ich an anderer Stelle über R. Strauß und Rosenkavalier gesagt habe: Gefährlich verführerische Musik, der man sich kaum entziehen kann, auch wenn man weiß, daß alles "nur" perfektes Kunsthandwerk ist.

Samstag, 10. April 2010

Mißbrauch II

Als ob die Mißbrauchsfälle nicht schon genügend Schande über die Kirche gebracht hätten, muß sie sich auch noch durch die Medien demütigen lassen, welche sie genüsslich vor sich hertreiben, jene Medien vorzugsweise, die ihrerseits jegliche Moral mit Füssen treten. Von all der Heuchelei wird mir speiübel.

"..denn er wird den Heiden übergeben, verspottet und mißhandelt und angespien werden..."
(Lukas,18)

Freitag, 9. April 2010

Über den Wolken ...

...muß die Freiheit wohl grenzenlos sein - aber nicht in den engen Sitzen der economy-class.
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Im Ernst: Ich bin kein großer Freund des Fliegens, hauptsächlich aus obigem Grunde. Dazu kommt, daß ich es nicht schätze, wie Herdenvieh im corral zusammengetrieben und durch diverse enge Gänge gegängelt zu werden. Habe es gestern wieder gesehen bei einem kurzen Besuch von Vienna-Airport. Viele, viele Leute - besser wohl people - lassen sich alles mögliche gefallen, unterwerfen sich den unmöglichsten Regelungen und Zwängen, was sie sonst weit von sich weisen würden.
Das ist es auch, was den Managern der Bahn so gut gefällt, dass sie es auch ihren "Fahrgästen" zugute kommen lassen möchten. Die ersten Schritte dahin sind schon getan...oder schon mehrere, siehe Eurostar, Thalys etc.
Wie lange wird wohl die Freiheit auf Schienen noch grenzenlos sein?

Montag, 5. April 2010

Lärmschutz II

Leserbrief an "Die Presse", veröffentlich am 4.4.2010:

Endlich einmal ein – wenn auch sehr verhaltener – Artikel gegen den
Lärmschutzwahnsinn. Ich halte das für einen der raffiniertesten und frechsten
Abzock-Skandale der letzten Jahre, dessen Ergebnisse wie zum Hohn auch noch ganz offen und für jedermann sichtbar sind. Warum so wenig dagegen protestiert wird, ist klar: Wer will sich schon vorwerfen lassen, daß er einem armen Betroffenen den Umweltschutz nicht gönnt. Aber das weiß ja jeder, dass der sicherste Weg zu einer unanfechtbaren Bereicherung der ist, daß man scheinbar Gutes tut.

(Früher hieß es "Tu Gutes und rede darüber", heute "Tu Gutes und
bereichere Dich daran".)

Bald kann man ja als Benutzer von Bahn oder Straße ohnehin nicht mehr feststellen, ob dahinter auch wirklich Wohnbauten sind - außer über Satellitenphotos. Der wirkliche Skandal besteht m. E. darin, daß sich hier eine polit-nahe Mafia ein Gesetz mit den "passenden" Parametern beim Parlament sozusagen „bestellt“ hat. ASFINAG und ÖBB müssen jetzt, so sagen sie, sich daran halten, wobei die Bahn sowieso lieber baut als fährt. Aber sonst werden ja bei uns Gesetze auch nicht immer so 100%ig exekutiert.

Parsifal 2010


Dirigent: Peter Schneider. Eine solide, aber nicht berauschende Aufführung. Interessant die "neue" Kundry, Petra Lang; gar nicht schrill wie sonst.
Inszenierung nach wie vor eine Katastrophe; habe meinen Platz mit schöner Sicht in Loge 9 mit einer alten Dame getauscht, welche dann allerdings etwas verstört war.....
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Natürlich kann man heute Parsifal nicht mehr so inszenieren wie weiland Wolfgang Wagner 1981...über diese Aufführung schrieb ein Kritiker:

"To call Wolfgang Wagner's production of Parsifal from 1981 intellectually stimulating would be an exaggeration.
Indeed, if you find any of Wolfgang Wagner's productions intellectually stimulating today, you belong to a minority. "
Wohl wahr, aber sie dient wenigstens dem Werk.
Außerdem: Ich wünsche nicht den Intellekt stimuliert, sondern das Gemüt. Der Intellekt sollte dabei nicht beleidigt werden.

Samstag, 3. April 2010

Prawy über Regietheater

"Wenn wir schon von früher reden: Damals hat man die Oper viel ernster genommen. „Ein Maskenball" wurde von der politischen Zensur verboten, und über der „Stum­men von Portici" ist in Brüssel 1830 die Revolution gegen die Niederlande ausgebrochen. Und noch etwas kommt dazu: Die szenische Gestaltung jener Jahrzehnte hatte vorn Publikum eine sehr hohe Meinung, sie vertraute näm­lich der menschlichen Phantasie. Wenn wir in meiner Jugend in Meyerbeers „Hugenotten" gingen, sahen wir auf der Bühne den Prospekt eines Parks mit einem fran­zösischen Schloß. Dieser von einem vielleicht nicht promi­nenten Theatermaler zusammengepinselte Prospekt hätte als Reisebüroreklame keinen Touristen nach Frankreich gelockt - aber Meyerbeers Musik und unsere Phantasie erbauten das Schloß.
Heute erzeugt die Oper keine Revolutionen mehr, da­für wurde sie das Spielzeug der Regisseure. Wir würden eigentlich von ihnen erwarten, daß sie die ganze moderne Technik in den Dienst der Meisterwerke stellen. Das ereig­net sich auch gelegentlich. Aber wie bitter müssen wir für ein paar Meisterregien eines Zeffirelli, Schenk, Rennert und einiger anderer immer wieder büßen.
Viele Regisseure mißtrauen nicht nur der Phantasie des Publikums und der Macht der Musik, sondern sie fühlen sich als vom Himmel gesandte Retter der Oper, die sie im Grunde tief verachten.
Ihre Rettungsaktionen vollziehen sich in verschiedenen Etappen. Zunächst verhindern die Regisseure das Spielen von ungefähr der Hälfte des traditionellen Repertoires, wozu ihnen ihre diktatorische Stellung innerhalb des Opernbetriebes die Macht gibt. Sie sind besonders stolz, wenn sie sagen können, daß sie „eigentlich vom Schau­spiel her kommen" (welcher Schneider ist stolz darauf, daß er eigentlich von der Schusterei her kommt?). Zu den ver­bannten Opern gehören alle, die sie nicht kennen, und das ist die Mehrzahl - besonders aber die sogenannten „Stehopern". Das sind alle jene, in welchen so unerträg­liche Dinge dominieren wie Arien, Duette und Chöre. Im Berufsjargon der fachmännisch getarnten Ignoranz heißt das: „Zu Aida` habe ich keine Beziehung."
Daß jemand da oben auf der Bühne eine Arie singt und dabei nicht in jeder Sekunde irgend etwas Originelles tun kann, ist solchen Männern total unbegreiflich. Kann die Arie nicht gestrichen werden, dann machen sie aus dem Sänger oder der Sängerin eine Mickymaus, die für „Bin das Faktotum der Schönen Welt" bei jeder Silbe ein ganzes Ballett eingelernt bekommt, was manchmal zur Folge hat, daß nur Anfänger oder drittklassige Sänger da mittun, die anderen verlassen schon bei der ersten derartigen Anweisung die Bühne.
Kommt so einem Regisseur endlich ein Werk unter, zu
dem er unglückseligerweise eine Beziehung hat, dann setzt eine weitere Etappe der Rettungsaktion ein, nämlich das völlige Ignorieren der szenischen Vorschriften der Auto­ren. Ich glaube, daß hier die Copyrightbestimmungen eine echte Gesetzeslücke aufweisen. Der „Rosenkavalier" beginnt mit den Worten „Wie du warst! Wie du bist!" Wenn ich heute singen lassen wollte: „Wie du bist! Wie du warst!", würde der Verlag Einspruch erheben. Lasse ich aber den ersten Akt, anstatt im Schlafzimmer der Marschallin, auf leerer Bühne vor einem fünf Meter hohen Phallussymbol spielen, so kann sich niemand dagegen wehren. Und fraglos werden sich Stimmen melden, die das sehr modern finden. Bezieht sich denn der Copyrightschutz nicht auch auf die szenischen Anweisungen? Oberstes Gesetz: Anders um jeden Preis, optisch nicht zur Ruhe kommen lassen, möglichst alles sichtbar ausdeuten. Die Musik langweilt so viele Regisseure tödlich, darum ist auch die szenische Illustration von Ouvertüren ein be­liebter Scherz. Wir haben schon das „Aida"-Vorspiel mit wandelnden Kamelen, fatamorganagleichen Visionen ägyptischer Pyramiden und ähnlichem Plunder erlebt.
Eigentlich muß ich diesen Herren, die so die Oper bis zur völligen Unkenntlichkeit entstellen, sehr dankbar sein. Sie sind meine Brotgeber. Wenn ich mich heute im Fern­sehen hinstelle und als „Opernführer" erzähle, daß „Elektra" in Griechenland spielt, gelte ich bereits als enormer Fachmann, weil man diese nicht ganz unwichtige Tatsache in vielen Inszenierungen nicht mehr merkt.
Die Oper hat die Diktatur der Primadonnen und die Despotie der Stardirigenten überlebt - jetzt bedroht der außermusikalische Mörder ihren innersten Lebensnerv."

Aus: M. Prawy, Die Wiener Oper/I

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Zur Phantasie: Sie trauen uns keine Phantasie zu, weil sie selbst keine haben. Da ist alles gedankenbasiert, "deduziert", von igendwelchen, meist linken, Theorien abgeleitet. Sie wollen uns immer etwas sagen, nicht erzählen.

Donnerstag, 1. April 2010

Gute Absichten

"Man sieht immer wieder, wie gute Absichten, wenn sie ohne Augenmaß verfolgt werden, die Menschen zu höchst schandbaren Taten verleiten."

Montaigne, Essais II/19 (Stilett)

Il est ordinaire de voir les bonnes intentions, si elles sont conduites sans moderation, pousser les hommes à des effects tres-vitieux.

TOSCA



Gute Repertoire-Aufführung der klassischen Wallmann-Inszenierung. Andris Nelsons ist ziemlich gut, allerdings hüpft und fuchtelt er noch ein bißchen zu viel herum. Scheint sich in Richtung Thielemann entwickeln zu wollen.