Freitag, 26. Februar 2016

Brahmanismus und Buddhaismus

"Brahmanismus und Buddhaismus, die den Menschen lehren, sich als das Urwesen selbst, das Brahm, zu betrachten, welchem alles Entstehen und Vergehen wesentlich fremd ist, werden darin viel mehr leisten, als solche, welche ihn aus Nichts gemacht seyn und seine, von einem Andern empfangene Existenz wirklich mit der Geburt anfangen lassen. Dem entsprechend finden wir in Indien eine Zuversicht und eine Verachtung des Todes, von der man in Europa keinen Begriff hat. Es ist in der That eine bedenkliche Sache, dem Menschen in dieser wichtigen Hinsicht schwache und unhaltbare Begriffe durch frühes Einprägen aufzuzwingen, und ihn dadurch zur Aufnahme der richtigeren und standhaltenden auf immer unfähig zu machen. Z. B. ihn lehren, daß er erst kürzlich aus Nichts geworden, folglich eine Ewigkeit hindurch Nichts gewesen sei und dennoch für die Zukunft unvergänglich seyn solle, ist gerade so, wie ihn lehren, daß er, obwohl durch und durch das Werk eines Andern, dennoch für sein Thun und Lassen in alle Ewigkeit verantwortlich seyn solle. Wenn nämlich dann, bei gereiftere Geiste und eingetretenem Nachdenken, das Unhaltbare solcher Lehren sich ihm aufdringt; so hat er nichts Besseres an ihre Stelle zu setzen, ja, ist nicht mehr fähig es zu verstehen, und geht dadurch des Trostes verlustig, den auch ihm die Natur, zum Ersatz für die Gewißheit des Todes, bestimmt hatte."
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"Tempel und Kirchen, Pagoden und Moscheen, in allen Landen, aus allen Zeiten, in Pracht und Größe, zeugen vom metaphysischen Bedürfniß des Menschen, welches, stark und unvertilgbar, dem physischen auf dem Fuße folgt. Freilich könnte wer satirisch gelaunt ist hinzufügen, daß dasselbe ein bescheidener Bursche sei, der mit geringer Kost vorlieb nehme. An plumpen Fabeln und abgeschmackten Mährchen läßt er sich bisweilen genügen: wenn nur früh genug eingeprägt, sind sie ihm hinlängliche Auslegungen seines Daseyns und Stützen seiner Moralität. Man betrachte z. B. den Koran: dieses schlechte Buch war hinreichend, eine Weltreligion zu begründen, das metaphysische Bedürfnis zahlloser Millionen Menschen seit 1200 Jahren zu befriedigen, die Grundlage ihrer Moral und einer bedeutenden Verachtung des Todes zu werden, wie auch, sie zu blutigen Kriegen und den ausgedehntesten Eroberungen zu begeistern. Wir finden in ihm die traurigste und ärmlichste Gestalt des Theismus. Viel mag durch die Übersetzungen verloren gehen; aber ich habe keinen einzigen werthvollen Gedanken darin entdecken können.
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"Nie hat ein Mythos und nie wird einer sich der so Wenigen zugänglichen, philosophischen Wahrheit enger anschließen, als diese uralte Lehre des edelsten und ältesten Volkes, bei welchem sie, so entartet es auch jetzt in vielen Stücken ist, doch noch als allgemeiner Volksglaube herrscht und auf das Leben entschiedenen Einfluß hat, heute so gut, wie vor vier Jahrtausenden. Jenes non plus ultra mythischer Darstellung haben daher schon Pythagoras und Platon mit Bewunderung aufgefaßt, von Indien, oder Aegypten, herübergenommen, verehrt, angewandt und, wir wissen nicht wie weit, selbst geglaubt. - Wir hingegen schicken nunmehr den Bramanen Englische clergymen und Herrnhuterische Leinweber, um sie aus Mitleid eines bessern zu belehren und ihnen zu bedeuten, daß sie aus Nichts gemacht sind und sich dankbarlich darüber freuen sollen." 
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"....wollte ich zeigen, wie sich an das Ende der Anfang knüpft, wie nämlich der Eros mit dem Tode in einem geheimen Zusammenhange steht, vermöge dessen der Orkus,.... also nicht nur der Nehmende, sondern auch der Gebende und der Tod das große reservoir des Lebens ist. Daher also, daher, aus dem Orkus, kommt Alles, und dort ist schon jedes gewesen, das jetzt Leben hat: - wären wir nur fähig, den Taschenspielerstreich zu begreifen, vermöge dessen Das geschieht; dann wäre Alles klar."

A. Schopenhauer

Donnerstag, 18. Februar 2016

Man in the middle

Du schwankst nach rechts,
Du schwankst nach links,
Und wandelst sorgsam in der Mitte,
Doch, wenn es einst zum Klappen kommt,
Kriegst du von beiden Seiten Tritte.

Ernst Kloar (geb. 1861)


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https://www.youtube.com/watch?v=aDSN1F72QU4


So Wahrheiten

https://twitter.com/kumpfuz/status/700287998815051776


Mittwoch, 17. Februar 2016

Übertreibungen jeder Art

"Die Zeitungen sind der Sekundenzeiger der Geschichte. Derselbe aber ist meistens nicht nur von unedlerem Metalle, als die beiden andern, sondern geht auch selten richtig. - Die sogenannten »leitenden Artikel« darin sind der Chorus zu dem Drama der jeweiligen Begebenheiten. - Uebertreibungen in jeder Art ist der Zeitungsschreiberei eben so wesentlich, wie der dramatischen Kunst: denn es gilt, aus jedem Vorfall möglichst viel zu machen. Daher auch sind alle Zeitungsschreiber, von Handwerks wegen, Alarmisten: dies ist ihre Art sich interessant zu machen. Sie gleichen aber dadurch den kleinen Hunden, die bei Allem, was sich irgend regt, sogleich ein lautes Gebell erheben. Hienach hat man seine Beachtung ihrer Alarmtrompete abzumessen, damit sie keinem die Verdauung verderbe, und soll überhaupt wissen, daß die Zeitung, ein Vergrößerungsglas ist, und dies noch im besten Fall: denn gar oft ist sie ein bloßes Schattenspiel an der Wand."

(A. Schopenhauer)

Dabei hat er noch gar nicht das Fernsehen und seine Journalisten und Moderatoren gekannt.

Mittwoch, 10. Februar 2016

SCHRIFTSTELLER...

"... sind schlechte Menschen. Schicksal, das ihnen widerfährt, verdauen sie im Nu und geben es, broschiert oder gebunden, wieder von sich. Tränen, um sie geweint, sind Wasser auf ihre literarische Mühle. Von des Lebens Früchten pflücken sie mit Vorliebe die druckreifen. Du meinst, süße Frau, was sich da regt bei ihnen, sei Liebe, Sehnsucht nach dir? Ach, es ist, mit psychoanalytischem Respekt zu sagen, die Sehnsucht des Federkiels nach dem Tintenfaß!"
(Alfred Polgar)
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Man kennt ja die Fälle, wo Künstler das Sterben von ihnen nahestehenden Menschen zu (Buch-)Markte getragen und noch schönen Profit daraus gewonnen haben.

Sonntag, 7. Februar 2016

Der Mensch ist gut

"Der Mensch ist gut",sagte die Bestie, als sie ihn fraß.
(Alfred Polgar)


Es gibt sehr wenig böse Menschen, und doch geschieht so viel Unheil in der Welt; der größte Teil dieses Unheils kommt auf Rechnung der vielen, vielen guten Menschen....
(J. Nestroy)

Samstag, 6. Februar 2016

Gesinnungsblatt

Die Lektüre gewisser, an einer politischen Linie ausgerichteter Zeitungen wie z. B. der WienerZeitung (WZ) wird mit der Zeit immer einfacher und effizienter: Aus der Kombination von Thema und Autor kann man in den meisten Fällen schon auf die  dargebotene Meinung schließen und sich das Lesen des Artikels ersparen. Darin kommt zwar durchaus auch Information vor, aber die ist so kunstvoll in den Gesinnungsteig eingebacken, dass sich ein Herauskletzeln (Herauspulen) meist nicht lohnt.

Wenn sich die politische Großwetterlage ändern sollte, müssen wir halt umlernen, denn unsere sog. Qualitätszeitungen singen durch die Bank und aus voller Brust die Lieder ihrer jeweiligen Brotherren.

Alfred Polgar über Gesinnungstheater

ZEITTHEATER
Es wird gefordert, daß die Bühne, Spiegel und Chronik der Zeit, mithelfe, die Welt vom Übel zu erlösen. Solcher Zweck heiligt alle künstlerischen Mittel, sogar deren Abwesenheit. Theater um seiner selbst willen, sagen die radikalen Forderer, ist Mißbrauch von Zeit und Raum, Gesinnung im Haus erspart Talent, und solange die Menschendinge zum Himmel schreien, wie sie's ja leider unüberhörbar tun, hat die Bühne keine andere Aufgabe, als diesem Schrei ihre Resonanz zu leihen. Dagegen könnte niemand etwas einwenden ... würde nur vorerst ein fundamentales Mißverständnis beseitigt, dadurch hervorgerufen, daß die einen unter Theater mehr ein Kunstphänomen verstehen, die anderen mehr einen Apparat, dazu tauglich - Kunst hin, Kunst her - etliche hundert Menschen auf einmal unter bestimmten moralisch-geistigen Druck zu setzen.
DER THEATER-MACHER
Was er anrührt, wird Täuschung. Wenn sein Hauch ein gebratenes Huhn trifft, verwandelt es sich in eines aus Pappendeckel. Unter seinem Blick lassen die Menschengesichter das Antlitz von der Maske fallen. Wenn er Gott in den Bart faßt, zeigt sich dieser als angeklebt und bleibt in der Hand. Das Herzblut, das seine Figuren rötet, geht mit Vaselin weg.
Heiß und salzig entquillt dem Aug' des Dichters die Zähre,
In sein erklügeltes Stück fällt sie als Schmieröl hinab!
(Zur Überprüfung dieser Thesen eignet sich vorzüglich das Burgtheater.)
Hingegen:
DER VOLLBLUT-SCHAUSPIELER
Wie wurschtig wird sofort alles theoretische Geschwätz, wie gleichgültig, ob neues oder altes Theater, wenn ein Mensch in der lebendigen Fülle seiner Menschlichkeiten auf der Bühne steht und Geist und Gefühl der Zuschauer mühelos in jede Falle lockt, die sein Spiel ihnen legen mag. Wie fegt er mit einer Handbewegung, einem Blick, einem Lachen ganze Pakete von Prinzipien in den Müll, wo sie hingehören, und schöpft, soweit er Schöpfer ist, alles aus der Tiefe.
Ich erinnere mich an einen Burgschauspieler mit Sprachfehler und an einen anderen, der einen starken tschechischen Akzent hatte; beide waren aber politisch wahnsinnig gut vernetzt. Nun gut, heute muss man irgendeinen Akzent haben am besten einen aus Berlin oder Hamburg, um am Burgtheater ein Star werden zu können.