Dienstag, 30. August 2016

Paradoxien

"Gerade in unseren Tagen wird die Frage immer akuter, wie sich die Demokratie demokratisch gegen undemokratisches Verhalten zur Wehr setzen kann. Auch hier ist auf POPPERS Werk zu verweisen; vor allem auf die von ihm präzise herausgearbeiteten Paradoxien der Freiheit, der Demokratie und der Toleranz. Muß die Toleranz Intoleranz tolerieren? Wenn ja, wie kann sie die Wiedereinführung des Faustrechts als ihre eigene, unmittelbare Folge vermeiden; wenn nein, wie rettet sie sich davor, sich selbst rückbezüglich ad absurdum zu führen?

Besehen wir uns nur einen der Grundpfeiler demokratischer Freiheit: das Recht auf unbeschränkte parlamentarische Debatte. Der Mißbrauch dieser Freiheit durch eine undemokratisch vorgehende Oppositionspartei könnte das Parlament durch pausenlose Inanspruchnahme der Redefreiheit vollkommen paralysieren. Eine Einschränkung dieser Freiheit würde also notwendig. Die demokratische Einführung dieser Beschränkung unterliegt aber demselben Recht unbeschränkter Debatte, auf deren Beschränkung sie abzielt, und kann daher selbst endlos verzögert werden. Damit ist die Regierungsmaschinerie in einem Spiel ohne Ende verfangen.

Eine grundsätzlich ähnliche Situation ergibt sich, wenn jemand einen anderen überzeugen will, daß alle Menschen ungeachtet ihrer Abstammung, Hautfarbe, Religion oder ihres Geschlechts gleich sind. Dies wird in Sätze wie »Sie sind genau wie wir, »Zwischen Weißen und Schwarzen besteht kein Unterschied« oder ähnliche Beteuerungen gekleidet. Um diese Gleichheit zu betonen, ist es notwendig, zwischen »ihnen« und »uns« zu unterscheiden, und sei es auch nur, um festzustellen, daß die Verschiedenheit keine Verschiedenheit ist. In diesem Sinne heben sich selbstrückbezügliche Aussagen gerade deswegen auf, weil sie gemacht werden." 
P. Watzlawick, Münchhausens Zopf.

Freitag, 19. August 2016

Relative Wahrheit

"Die Geschichte der Menschheit zeigt, daß es kaum eine mörderischere, despotischere Idee gibt als den Wahn einer »wirklichen« Wirklichkeit (womit natürlich die eigene Sicht gemeint ist), mit all den schrecklichen Folgen, die sich aus dieser wahnhaften Grundannahme dann streng logisch ableiten lassen.
Die Fähigkeit, mit relativen Wahrheiten zu leben, mit Fragen, auf die es keine Antworten gibt, mit dem Wissen, nichts zu wissen, und mit den paradoxen Ungewißheiten der Existenz, dürfte dagegen das Wesen menschlicher Reife und der daraus folgenden Toleranz für andere sein. Wo diese Fähigkeit fehlt, werden wir, ohne es zu wissen, das Leben von Schafen leben, dumpf und verantwortungslos und nur gelegentlich durch den beizenden Rauch eines prächtigen Autodafés oder der Schlote von Lagerkrematorien unseres Atems beraubt."
P.  Watzlawick 

-----------------
Siehe auch:
Fromme und Leugner sind Brüder, denn beide behaupten zu wissen.Nur wer den Zweifel erträgt, ist von besonderer Art.
Aus: http://kumpfus.blogspot.co.at/2008/01/hheres.html

Freitag, 12. August 2016

Multikulti

Zuviel
In mäßigen Dosen ist es eine Bereicherung für unser Land - also etwa wie Nieseln und nicht wie Starkregen.

Samstag, 6. August 2016

Hetzer und Ketzer

Jetzt müssen die Politiker in der Flüchtlingspolitik mehr und mehr Maßnahmen setzen, die noch vor Jahresfrist streng verpönt waren, weil sie von "Hetzern" gefordert wurden. Da darf es einen nicht wundern, wenn viele Leute nächstes mal gleich die Hetzer und Ketzer wählen in der Hoffnung, dass diese die erforderlichen Vorkehrungen zeitgerecht treffen.
Das mag dann zutreffen oder auch nicht, auf jeden Fall gibt es demokratische Kollateralschäden - oder sagen wir unangenehme Begleiterscheinungen. Das hätte vermieden werden können, wenn die Politiker nicht vor den Medien wie das Kaninchen vor der Schlange stehen würden. Mit anderen Worten: Erste, Zweite und Dritte Gewalt kuschen vor der Vierten, der Medienwelt: Für diese hingegen gehört Humanität nur zum Business-Plan.

Außer der Zeit

"Ich aber, der ich keinen gnädigen Herrn kenne, habe in letzterem das einzige faktische Hervortreten der Freiheit des Willens, die ihm als dem Ding an sich zusteht, erkannt, und Malebranche hat gesagt: "la liberté est un mystere". In diesem Mysterio der theologischen Gnade oder philosophischen Freiheit liegt die Lösung des Weltknotens. Hier ist der Weg und der Steg, die Türe, die aus der Welt führt: ich aber kann sie nur zeigen, nicht Ihnen öffnen, noch auch sagen, was dahinter ist oder vorgeht und wie etwan, was in der Zeit sich als Veränderung darstellt, außer der Zeit und an sich beschaffen sei.“
A. Schopenhauer

Freitag, 5. August 2016

Freiheitlichkeit

"Der moderne freiheitliche Staat lebt von Voraussetzungen , die er nicht garantieren kann, ohne seine Freiheitlichkeit in Frage zu stellen"

ERNST-WOLFGANG BÖCKENFÖRDES (1978) 

Donnerstag, 4. August 2016

Misera

 „Wenn ich nichts habe, was mich ängstigt, so beängstigt mich eben Dieses, indem es mir ist, als müßte doch etwas da sein, das mir nur eben verborgen bliebe. Misera conditio nostra !“ 

A. Schopenhauer