Montag, 30. Januar 2017

Chancen

"Hausherrn haben noch selten hoffnungslos geliebt."


J. Nestroy

Paradise

"My idea of paradise is a country without telephones - and my idea of hell is a place where telephones don't work" 

Peter Ustinov

Sonntag, 29. Januar 2017

Moral

Wenn ich mir alte SW-Filme anschaue, fällt mir auf, dass darin manchmal jüngere oder ältere Männer ohne Scheu Kinder herzen und streicheln. Wenn das heute jemand in der Öffentlichkeit macht, findet er sich unversehens auf der Polizei wieder. Und sollte er gar prominent sein, dann stürzen sich die Bluthunde der Medien auf ihn.

Sind wir heute also um soviel moralischer geworden?

Sicher nicht, durch amerikanischen Einfluss nur sehr viel heuchlerischer! - Nie war es so leicht, an Pornographie zu kommen; es steht zu vermuten, dass auch nie zuvor so viel davon konsumiert wurde. Und dass es in der feinen (und weniger feinen) Gesellschaft der Gegenwart weniger Promiskuität gibt als früher, scheint mir sehr zweifelhaft - eher halte ich das Gegenteil für wahr.

Doch viel interessanter ist ja, was in der Vergangenheit in Internaten etc. geschehen ist - da wird mit Feuereifer verurteilt, dass es nur so kracht. Was passiert ist, soll nicht entschuldigt werden - aber es waren immer Ausnahmen! Ich selber war 11 Jahre lang in solchen "geschlossenen Anstalten" und wurde nie mit derartigen Dingen konfrontiert.

Fazit: Heuchelei und falsche, weil nur öffentlich zur Schau getragene Moral feiern Triumphe.
Aber nicht mehr lange. Die Masse durchschaut nun langsam die scheinheilige und fadenscheinige Politische Korrektheit und wendet sich von ihren Bannerträgern ab - die politischen Folgen erleben wir gerade. Leider wird dabei auch der ganz normale politische Anstand den Bach hinunter gehen.

Schlaf

"...der Schlaf, der des Lebens Bestes ist, weil er uns das Leben vergessen läßt"
(Fontane)

Stimmt nicht, manchmal erinnert er uns unangenehm an das vergangene Leben.

Von der Einsamkeit

VON DER EINSAMKEIT
(Montaigne - Auszüge)

Lassen wir die weitläufigen Vergleiche des zurückgezo-
genen und des tätigen Lebens beiseite; und was das
schöne Wort angeht, mit dem Ehrgeiz und Habgier sich ver-
hüllen: daß wir nicht um unserer Eigeninteressen, sondern
um der Gemeinschaft willen auf der Erde seien, so sind wir
so frei, es denen zu überlassen, die bei diesem Tanz mitma-
chen; sie mögen ihr Gewissen fragen, ob nicht ganz im Ge-
genteil die Ämter, die Arbeiten und die Scherereien der Welt
nur gesucht werden, damit man aus den öffentlichen Ge-
schäften seinen privaten Nutzen ziehen kann. 

Man hat überall Gelegenheit, Gutes oder Schlechtes zu tun: den-
noch, wenn der Spruch des Bias wahr ist, daß sich das Böse
häufiger findet oder, wie es der Prediger Salomonis sagt, daß
es unter Tausend nicht einen Guten gibt, dann ist die Gefahr
der Ansteckung im Gedränge sehr groß.

Das heißt nicht, daß sich der Weise nicht überall wohl
fühlen und selbst in der Menschenmenge eines Palastes für
sich bleiben könne; aber wenn er die Wahl hat, wird er, wie
es heißt, sogar ihren Anblick meiden. Das erste wird er,
wenn es sein muß, ertragen, das letztere aber, wenn es bei
ihm liegt, wählen.

 Der Ehrgeiz, die Habgier, die Unentschlossenheit, 
die Angst und die Begierden verlassen uns nicht schon deshalb, 
weil wir die Gegend wechseln. Sie folgen uns oft bis in die 
Klosterzellen und die Schulen der Philosophie. 
Weder die Wüsten noch die Felsenhöhlen,
noch ein härenes Gewand oder Fasten können uns von
ihnen trennen. Man berichtete dem Sokrates davon, daß
sich jemand auf seiner Reise um nichts gebessert habe.
»Das glaube ich gern«, erwiderte er, »er hatte sich selbst
die ganze Zeit dabei«. 

Deshalb reicht es nicht, sich vom Pöbel entfernt zu
haben; es reicht nicht, den Ort zu wechseln. Man muß den
Pöbel in sich selbst loswerden; man muß sich von sich
selbst trennen, um sich wiederzugewinnen.
Wir schleppen unsere Ketten mit uns: wir sind noch
nicht richtig frei, wir drehen uns noch um nach dem, was
wir zurückgelassen haben, wir haben den Kopf noch voll
davon.

Unser Übel liegt in der Seele; die aber kann sich selbst
nicht entfliehen. Also muß man sie zurückholen und in
sich selbst zurückführen: das ist die wahre Einsamkeit, die
man inmitten der großen Städte und der Königshöfe ge-
nießen kann; aber im Abseits läßt sie sich angenehmer ge-
nießen.
Wenn wir uns nun also vornehmen, allein zu leben und
uns der Gesellschaft zu entziehen: stellen wir es so an, daß
unsere Zufriedenheit nur von uns abhängt; lösen wir uns
von den Banden, die uns an andere ketten; gewinnen wir
es über uns, wirklich allein zu leben und uns dabei wohl zu
fühlen.

Es kommt darauf an, solche Schätze zu wählen, die
weder Motten noch Rost fressen können, und sie an einem
Orte zu verbergen, an den niemand gelangt, der von nie-
mandem als uns selbst verraten werden kann. Wer es kann,
soll Frauen, Kinder, Vermögen und vor allem Gesundheit
besitzen; aber er sollte sich nicht so sehr daran binden, daß
sein Glück darauf beruht. Wir sollten uns ein Hinterstüb-
chen reservieren, ganz für uns, ganz frei, in dem wir unsere
wahre Freiheit und unsere wichtigste Zuflucht und Ein-
samkeit finden. In ihm müssen wir unser tägliches Ge-
spräch mit uns selbst führen, so vertraulich, daß kein
Umgang und keine Gesellschaft mit Fremden dort Platz
findet; Unter unseren gewöhnlichen Handlungen ist von tau-
send nicht eine, die uns selbst angeht. jener dort, den du,
rasend und außer sich, die Trümmer eines Gemäuers er-
klimmen siehst, dem Feuer so vieler Gewehre ausgesetzt;
und jener andere, übersät von Narben, bleich und vom
Hunger zerfressen, entschlossen, lieber zu krepieren als
ihm das Tor zu öffnen - glaubst du, sie tun das für sich? Ja,
sie tun es vielleicht für einen, den sie nie gesehen haben,
den ihre Taten nicht im geringsten kümmern und der un-
terdessen in Müßiggang und Wollust schwimmt. Und die-
ser hier, den du röchelnd, triefäugig und schmutzig nach
Mitternacht aus der Bibliothek kommen siehst, glaubst du,
daß er in diesen Büchern sucht, wie er redlicher, zufriede-
ner und weiser werden könnte? Nichts von alledem. Er
wird daran sterben, oder er wird der Nachwelt die Wahr-
heit über das Versmaß des Plautus oder die richtige Lesart
eines lateinischen Wortes hinterlassen. Wer gibt nicht frei-
willig Gesundheit, Ruhe und Leben hin um Ehre und
Ruhm, diese unnützeste, eitelste und falscheste Währung,
die im Umlauf ist? Unser Tod macht uns noch nicht Angst
genug, laden wir uns auch noch den unserer Frauen, un-
serer Kinder und unserer Leute auf. Unsere eigenen Ge-
schäfte bereiten uns noch nicht genug Mühe, beschweren
und zerbrechen wir uns auch noch den Kopf mit denen
unserer Nachbarn und Freunde.

Genug für andere gelebt, leben wir Wenigstens dieses
letzte Stück des Lebens für uns selbst. Lenken wir unsere
Gedanken und Vorsätze auf uns und unser Wohlbefinden.
Es ist kein leichter Part, sich in aller Ruhe zurückzuziehen;
er macht uns schon genug zu schaffen, ohne daß wir noch
andere Unternehmungen dazumischen. Weil Gott uns ge-
nug Zeit gibt, uns auf unseren Abgang einzurichten, soll-
ten wir uns ordentlich darauf vorbereiten; packen wir un-
sere Sachen; nehmen wir rechtzeitig Abschied von der
Gesellschaft; machen wir uns los von diesen aufdringlichen
Banden, die uns an anderes fesseln und uns von uns selbst
entfremden. Man muß diese so starken Verbindlichkeiten
auflösen und von nun an bald dieses, bald jenes lieben, aber
sich an nichts binden als an sich selbst. Das heißt: das an-
dere sei unser, aber nicht so fest mit uns verfugt und ver-
leimt, daß man es nicht abbringen kann, ohne uns zu
verletzen und ein Stück von uns selbst abzureißen. Das
Größte auf der Welt ist, zu wissen, daß man sich selbst
gehört. Es ist Zeit, uns von der Gesellschaft loszumachen,
da wir ihr nichts mehr geben können. Und wer nichts
zu verleihen hat, der nehme auch Abstand vom Borgen.
Unsere Kräfte lassen nach; nehmen wir sie also zusammen
und sammeln sie in unserem Inneren. Wer die Pflichten der
Freundschaft und der Geselligkeit umkehren und auf sich
selbst richten kann, der möge das tun. Bei unserem Fall, der
ihn unnütz, lästig und beschwerlich für die anderen macht:
hüte er sich davor, auch noch sich selbst beschwerlich, lästig
und unnütz zu werden; vor allem aber möge er sich, so-
lange er seine Vernunft und sein Gewissen noch achtet und
fürchtet, im Zaume halten, damit er nicht schamlos in Ge-
genwart anderer strauchelt.

Es gibt Gemüter, die besser tauglich sind für diese Lehre
vom  Rückzug als andere. Wer von trägem und schlaffem
Geist ist, wessen Neigungen und Wille zerbrechlich sind
und sich nicht leicht anstellig und dienstbar zeigen, und
durch Veranlagung und Überlegung bin ich von dieser Art,
der beugt sich diesen Ratschlägen eher als die tätigen und
geschäftigen Seelen, die alles anpacken und sich in alles
mischen, die sich für alles begeistern, sich anbieten und bei
jeder Gelegenheit verschenken und hingeben. Man soll
sich der zufälligen und äußerlichen Dinge des Lebens be-
dienen, soweit sie uns angenehm sind, aber sie nicht zur
Hauptstütze unseres Lebens machen; sie sind es nicht.

 Mir reicht es, wenn ich mich, solange ich vom Glück begün-
stigt bin, auf seine Ungunst vorbereite und mir, solange es
mir gutgeht, das künftige Übel, soweit die Vorstellungs-
kraft ausreicht, ausmale; ganz so, wie wir uns auf den Tur-
nieren und Wettkämpfen üben und in vollem Frieden so
tun, als wäre Krieg.

 Die Bücher sind vergnüglich;
aber wenn wir durch den Umgang mit ihnen schließlich
Heiterkeit und Gesundheit, unsere besten Stücke, verlie-
ren: laßt sie uns weglegen. Ich meinesteils liebe
nur vergnügliche oder leichte Bücher, die mich aufmuntern,
oder solche, die mich trösten und belehren, recht zu leben
und zu sterben: »Still durch gesunde Wälder zu gehen und
zu suchen, was einen weisen und ehrenwerten Menschen
beschäfiigt« (Horaz, Epistel, I, IV, 4)
Menschen, die weiser sind und eine starke und rüstige
Seele haben, mögen sich eine vollkommen geistige Ruhe
beilegen. Ich, der ich eine gewöhnliche habe, muß mir mit
den leiblichen Genüssen helfen, um mich zu halten; und
da mir das Alter fast alle geraubt hat, die mehr nach mei-
nem Geschmack waren, lenke und schärfe ich meinen
Hunger auf diejenigen, die besser zu meinem Lebensalter
passen. 

 Zieht euch zurück in euch selbst, aber bereitet euch
zunächst vor, euch dort zu empfangen; es wäre Torheit,
euch selbst zu vertrauen, wenn ihr euch nicht zu beherr-
schen versteht. Man kann in der Einsamkeit ebenso strau-
cheln wie in Gesellschaft. 

Mittwoch, 25. Januar 2017

Sittlichkeit

Eiserne Rhetorik-Regel von Cicero: 
"Man lasse den eigenen Nutzen nur im Gewand der sittlichen Würde auftreten!"
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"Politik ist ein Streit der Interessen, der sich als Wettstreit der Prinzipien maskiert hat."
Ambrose Bierce

Dienstag, 17. Januar 2017

Selbst

Manche Leute brauchen die Zustimmung der anderen Menschen, um sich selbst zu definieren, andere wiederum deren  Ablehnung.


"Und das all's wegn der Welt"
J. Nestroy

Montag, 2. Januar 2017

Purgation

Ab und zu sollte man "seinem Gehirn ein Klistier verabreichen",

rät Montaigne