Sonntag, 1. Oktober 2017

Wissenschaft

"Man hat mehr damit zu tun, die Auslegungen auszulegen als die Sache selbst; und es gibt mehr Bücher über Bücher als über irgendeinen anderen Gegenstand: wir tun nichts, als uns gegenseitig mit Anmerkungen zu versehen. Alles wimmelt von Kommentaren; an Autoren ist großer Mangel. Besteht nicht die vornehmste und ruhmreichste Wissenschaft unseres Jahrhunderts darin, die Wissenschaftler zu verstehen? Ist das nicht der gewöhnliche und letzte Zweck all unseres Studierens? Wir pfropfen eine Meinung auf die andere. Die erste dient der zweiten als Wildling, die zweite der dritten. So klettern wir von Sprosse zu Sprosse. Daher kommt es, daß, wer am höchsten gestiegen ist, oft mehr Ehre als Verdienst hat; denn er ist auf der Schulter des Vorletzten nur um ein Getreidekorn höher gestiegen."
(Montaigne)

Und wie ich an der Uni feststellte, verbraucht so mancher hoffnungsvolle Assistent seine ganze Kraft beim Hinaufklettern zum Professorentitel, sodass er, endlich oben, keine Energie mehr hat - nicht einmal für das Getreidekorn.

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